Sind Dielektrizität und Permeabilität
des Vakuums Naturkonstanten?

Ekkehard FRIEBE, München  


Quelle:
FRIEBE, E. (1988): „Was sind physikalische Gesetze?“,
Zeitschrift „raum & zeit“, 32/88, S. 88 - 91
(gekürzte, überarbeitete Fassung)



Die Grundlagen der MAXWELL-schen Elektrodynamik

Die MAXWELL-sche Elektrodynamik beruht auf Definitionsgleichungen, aus denen die bekannten partiellen Differentialgleichungen durch Differentiation (Rotorbildung) herleitbar sind (POHL 1960, S. 143; FRIEBE 1980, 1982, 1985b). Dabei kommen der sog. „Dielek­trizitätskonstanten des Vakuums“ (e0) und der sog. „Permeabilitätskonstanten des Vakuums“ (m0) besondere Bedeutung zu, da sie zu zahlreichen Mißverständnissen geführt haben und auch heute noch führen. Im einzelnen gelten für die MAXWELL-sche Theorie folgende Festlegungen:

(1)              E = + c ×B                (Vektorprodukt, siehe POHL 1960, S. 143)
(2)              H = - c × D               (Vektorprodukt, siehe POHL 1960, S. 143)

Hierbei sind Vektoren durch Fettdruck gekennzeichnet. Das Symbol × stellt den Operator für das Vektorprodukt dar.

In den Gleichungen (1) und (2) bedeuten E und H die elektrische und magnetische Feldstärke, D die dielektrische Verschiebung, B die magnetische Induktion und c die Vakuum- Lichtgeschwindigkeit relativ zu einem lichttragenden Medium.

Für das Vakuum sind D und B wie folgt definiert:

(3)              D = e0 · E
(4)              B = m0 · H

Dabei werden die Skalare e0 (Dielektrizitätskonstante des Vakuums) und m0 (Permeabili­tätskonstante des Vakuums) als zeitunabhängig konstant angenommen. Schließlich gilt folgende Definition:

(5)              e0 · m0 = 1 / c²

Diese Definitionsgleichung hat MAXWELL in Zusammenhang mit der Hypothese eines lichttragenden Mediums (Äther bzw. Lichtäther) eingeführt, um der sogenannten „Wellengleichung“ zu genügen. Speziell hat er vorgeschlagen (MAXWELL 1883, § 786), durch Wahl des Maßsystems folgende Festsetzungen zu treffen:

              e0 = 1 ;               m0 = 1 / c²
bzw. alternativ:
              m0 = 1 ;               e0 = 1 / c²

Ferner haben HEAVISIDE, HERTZ u. a. die Zuordnung:

              m0 = 1 / c ;           e0 = 1 / c
verwendet.

Durch diese Zuordnung hatten die MAXWELL-schen Gleichungen eine vollkommene Symmetrie erhalten.

Es ist also nicht so, wie es von manchen Autoren dargestellt wird, daß die Vakuum- Lichtgeschwindigkeit c aus den sogenannten „Naturkonstanten“ e0 und m0 des „physika­lischen Raumes“ folgt, sondern die Gleichung (5) ist eine reine Definitionsgleichung. Eine experimentelle Überprüfung ausreichender Genauigkeit für Gleichung (5) ist nie erfolgt. Die Untersuchungen von KOHLRAUSCH und WEBER (1856), auf die sich MAXWELL bezieht, verwenden eine ganz andere Formel und liefern einen Geschwindigkeitswert, der die Lichtgeschwindigkeit bedeutend übertrifft.

Und damit löst sich das Problem der speziellen Relativitätstheorie, die auf den MAXWELL-schen Gleichungen der Elektrodynamik aufbaut, auf höchst einfache Weise:

Bei zueinander bewegten Systemen sind nicht Raum und/oder Zeit zu relativieren, sondern es ist lediglich die Permeabilität m0 des Vakuums als eine von der Relativ­geschwindigkeit abhängige Variable zu berücksichtigen (FRIEBE 1980, S. 15). Denn m0 charakterisiert eine magnetische Wirkung, welche die Folge bewegter elektrischer Ladungen ist. In diesem Sinne ist m0 lediglich ein Geschwindigkeitsumrechnungs-Faktor ( e0 bleibt dabei eine durch das Maßsystems vorgegebene Konstante).

Die als Folge der Hypothese eines lichttragenden Mediums (Äther bzw. Lichtäther) einge­führten Größen e0 und m0 können also aufgrund vorstehender Überlegungen nicht als Indiz für die tatsächliche Existenz eines Mediums (Äther bzw. Lichtäther) betrachtet werden.

WALTER RITZ hat dazu schon im Jahre 1908 ausgesagt (Zitat aus RITZ 1908):
„Der Äther wird, wie gesagt, als ein Vorratslager der gesamten elektrodynamischen, optischen usw. Energie angesehen. Da wäre nun zu erwarten, daß einzelne im Endlichen oder Unendlichen gelegene Punkte des Äthers die Quelle elektrodynamischer Störungen wären. Ein strahlender Körper, statt dauernd Energie zu verlieren, könnte deren auch durch den Zufluß von Wellen gewinnen, die bei ihm zusammenlaufen, folglich aus dem Unendlichen kommen. Ein solcher Apparat, der Energie aus dem Äther bezieht, ohne daß andere Körper eine entsprechende Menge von Energie verlieren, wäre sehr kostbar: Er wäre ein perpetuum mobile. Man zeigt leicht - siehe für Einzelheiten meine „Untersuchungen zur allg. Elektrodynamik“ - daß die Gleichungen von Maxwell, Hertz und Lorentz tatsächlich solche Lösungen zulassen, was gegenüber diesen Theorien ein starkes Bedenken recht­fertigt, um so mehr, als zur allgemeingültigen Ausschaltung dieser Lösungen zusätzliche Annahmen eingeführt werden müssen, die einer strengen Kritik kaum standhalten.“



Literatur

FRANKE, H. (1969), Herausgeber: Lexikon der Physik. 3. Auflage,
Franckh'sche Verlagshandlung, Stuttgart

FRIEBE, E. (1980): Die MAXWELL-schen Gleichungen in neuer, besonders einfacher mathematischer Form. Privatdruck, München

FRIEBE, E. (1982): Elektrodynamik und MAXWELL-sche Gleichungen im Einklang mit dem Relativitätsprinzip von Galilei. DPG-Tagung, Gießen

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FRIEBE, E. (1985a): Die Bedeutung der Integrations-Konstanten für die mathematische Beschreibung von Bewegungsvorgängen. DPG-Tagung München

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RITZ, WALTER (1908): Über die Rolle des Äthers in der Physik. Aus Scientia 1908, Nr. VI: „Du rôle de l'éther en physique“. Entnommen aus dem Buch: „Theorien über Äther, Gravitation, Relativität und Elektrodynamik“, Schritt-Verlag, Bern und Badisch-Rheinfelden 2. Auflg. (1965), S. 15 - 28.

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