XXI.
Theoretische Physiker
-
SCHMIDT,
Dr. Wolfgang (1988):
Die natürliche Selektion der
Theoretischen Physiker,
DPG-Didaktik-Tagungsband 1988,
S. 593 - 599. Hrsg.: Prof. Dr. W. KUHN, Gießen
Die
natürliche Selektion der Theoretischen Physiker
- Dr.-Ing. Wolfgang
Schmidt (Überarbeitete Fassung)
Wir wollen uns einmal
mit den eigentlichen Ursachen der gefährlichen
Nuclearkriminalität und der verbreiteten Forschungsmogeleien,
die durch ein ausgeklügeltes System von abhängigen anonym
bleibenden und nicht fachkompetenten Gutachtern vertuscht werden,
ganz emotionsfrei beschäftigen und versuchen, die natürlichen
Kausalzusammenhänge aufzuklären. Schimpfen hat keinen
Zweck, man muß die Dinge so sehen, wie sie sind. Nur dann kann
man etwas verändern.
Wir wollen uns nicht mit
den Sensationen und Skandalen im einzelnen befassen, wie sie
hinreichend durch die Presse bekannt gemacht werden. Das sind nur die
Symptome und nicht die Ursachen!
Jeder Forscher ist
Irrtümern unterworfen. Diese werden durch Überprüfung
seiner Ergebnisse von ihm selbst oder von Anderen früher oder
später erkannt und sollten eliminiert werden können. Viele
glauben fest daran, daß dies so sei, und vertrauen auf die
ethische Wahrhaftigkeit der Wissenschaftler und auf die
Zuverlässigkeit der wissenschaftlichen Theorien und bauen darauf
weitere Theorien auf.
Nun, Mißgeburten
sind oft der Mütter liebstes Kind und werden mit Vehemenz
verteidigt, das gilt auch für die Wissenschaftler und Erfinder.
Jede Forschung kostet
Geld, was die Forscher zumeist nicht haben. Die, die das Geld
bereitstellen können, zumeist nicht ihr eignes Geld, haben kein
wissenschaftliches Verständnis. Seit eh und je mußten die
Weisen als Medizinmänner Hokuspokus, die Astronomen Astrologie
verkaufen, die Chemiker mußten den Fürsten versprechen,
Gold zu machen, und dies hat sich bis heute nicht wesentlich
geändert. Die Forscher müssen dem Prestigebedürfnis
der Machthaber dienen oder mit Versprechungen entgegenkommen. Diese
müssen nicht immer stimmen.
Jeder und jede, die um
Ansehen ringen, müssen ein bißchen nachhelfen oder mogeln,
das fängt schon im Kindesalter an und ist ganz natürlich.
Die Datenmassage ist die natürliche Form der
Physiker, um um Anerkennung zu ringen und entspricht der Kosmetik
unserer Frauen.
Jeder Forscher, der an
bereitgestellte Mittel herankommen will, muß sich einen Namen
machen, er muß etwas für Laien erstaunliches, also
sensationelles, möglichst unverständliches entdecken oder
entdeckt zu haben behaupten. Mit der zunehmenden Zahl der
Institutsleiter wächst der Konkurrenzkampf. So viel an neuen
Erkenntnissen hat die Natur gar nicht zu bieten.
Ein Nobelpreisträger
sagte 1978 in Lindau: Die Anzahl der neuen Elementarteilchen wächst
proportional mit der Anzahl der Institutsleiter. Schon Lichtenberg
sagte 1670: Es gibt in Euren Kompendien Vieles, von dem
zwischen Himmel und Erde nicht die geringste Spur zu entdecken ist.
Schon in der frühen
Jugend kämpft jeder Schüler um gute Noten, also um
Anerkennung. Er lernt dabei, daß es rationeller ist, ein
bißchen, möglichst unauffällig zu mogeln. Wer tat
dies nicht?
- Ein an der Physik oder
Chemie interessierter Schüler schafft sich ein Labor an. Dort
mogelt er nicht! Jedoch, um Eltern und Freunden zu imponieren,
eignet er sich einige Zaubertricks an. Das ist ganz normal. So taten
es auch die Astrologen und die Alchimisten.
-
- Kann denn Mogeln
(Frisieren, Kosmetik oder Datenmassage) Sünde sein? Bis hierher
wohl noch nicht!
- Der junge
Physikstudent bekommt im Praktikum Aufgaben gestellt, deren Lösung
experimentell zu ermitteln ist, die aber bekannt ist, nur noch nicht
ihm. Hat er Erfahrungen mit seinem eigenen Labor, fällt ihm das
nicht schwer. Er ist sogar stolz darauf, daß er die richtigen
Werte experimentell ermitteln kann.
- Ein anderer
intelligenter Student ohne experimentelle Erfahrung weiß das
zu erwartende Ergebnis auf andere Weise in Erfahrung zu bringen und
rechnet seine Meßdaten rückwärts. Das
ist zwar streng verboten, aber geht schneller, die Daten werden
genauer und bringen bessere Noten.
- Der erste Student geht
wahrscheinlich dank seines experimentellen Geschicks in die besser
zahlende Industrie.
- Der zweite Student
bleibt im Milieu und wird sich mehr für die Hochschullaufbahn
interessieren oder er gelangt in einer Beamtenstellung als
Wissenschaftsberater, Gutachter oder Prüfer zu Tätigkeiten
ohne eigene Experimente und ohne eigene erfinderische Arbeiten.
- Ein junger ehrgeiziger
Student aus gutem Hause, dessen Eltern sich das leisten können
oder die gute Beziehungen zu politisch Prominenten haben (besonders
in der Zeit von 1933), suchen sich einen prominenten Professor, der
sich mit einer sensationellen Arbeit bekannt gemacht hat. Er läßt
sich von diesem eine Doktorarbeit zuteilen. Der Professor verteilt
Arbeiten, die seine Thesen untermauern sollen. Der Nobelpreisträger
sagte dazu 1978 in Lindau: Es gibt gute und böse
Experimente. Die Guten bestätigen die Theorie, sie werden
schnellstens veröffentlicht, die Bösen widerlegen die
Theorie und dürfen keinesfalls publiziert werden. Auf diese
Weise bleibt die Lehrmeinung widerspruchsfrei.
Warum sollte der Doktorand, der sich von seinem Professor eine
Förderung seiner Karriere verspricht, sich mit seinem Professor
anlegen und nicht seine Ergebnisse ein bißchen frisieren? Wenn
es um die Erreichung von Ansehen geht, wird fast immer ein bißchen
nachgeholfen. Frauen nennen dies Kosmetik.
- Wer in einem solchen
Fall auf seiner wissenschaftlichen Ethik beharrt, kann einpacken und
bleibt auf der Strecke. Das war und ist die Praxis der
natürlichen Selektion der prominenten Theoretischen Physiker,
die das Sagen haben. Besonders die der SS-Physiker, die nach 1933
besonders schnell avancierten.
- Auch dieses könnte
die Wissenschaft verkraften. wenn....
- Jede Theorie gilt nach
Karl Popper nur so lange, bis sie durch einen Versuch widerlegt
worden ist. Jede Theorie ist eine Herausforderung an die
Wissenschaftler, sie zu widerlegen. Albert Einstein, der Initiator
der Atombombe, deren Anwendung er sich energisch aber zu spät
widersetzte, begründete die Gesellschaft für Verantwortung
in der Wissenschaft.
- Jeder
wissenschaftliche Irrtum, mit solchen müssen wir leben, wird
früher oder später entdeckt und aufgeklärt. Das ist
ein natürliches Regulativ!
- Und damit würde
sich die Möglichkeit schneller Korrekturen irriger
Auffassungen, die niemals zu vermeiden sind, ganz natürlich
ergeben.
- Jedoch genau an diesem
Punkt beginnt die Kriminalität, die nicht Einzelnen
zuzuschreiben ist, und die daher 1962 der Nobelpreisträger P.
Debye und auch andere als Wissenschaftsmafia bezeichneten.
-
- Der Nobelpreisträger
Dirac erklärte des öfteren in Lindau:
-
If any experiment
contradicts a beautiful idea, let us forget the experiments.
Ob dies ironisch gemeint war oder nicht, vermag ich nicht zu
beurteilen, jedoch wird danach gehandelt!
Es ist eine der Aufgaben der wissenschaftlichen Ethik der von
Albert Einstein mitbegründeten Gesellschaft für
Verantwortung in der Wissenschaft, darüber zu wachen, daß
die Korrekturen von wissenschaftlichen Fehlurteilen nicht mit
anonymen Machtmittel verhindert werden.
- Wenn wir hier mit
Debye von einer Wissenschaftsmafia, also von einer dem Einzelnen
nicht zuschreibbaren Gruppenkriminalität sprechen, dann müssen
wir sie auch hier konkret beschreiben:
- Kompetente
Wissenschaftler schreiben als Autoren Befunde über neue
Erkenntnisse an eine der vielen, von den physikalischen
Gesellschaften kontrollierten Fachzeitschriften. In diesen Aufsätzen
werden Fehler in den Theorien von Prominenten ausführlich
nachgewiesen und über neue Erkenntnisse berichtet. Das kommt
sicher nicht allzu häufig vor. In solchen Arbeiten können
natürlich gravierende Fehler stecken, die von kompetenten
Gutachtern beurteilt werden müssen. Sicher landet bei den
Redaktionen auch mancher Mist. Das Problem für die Redakteure
ist also, die Spreu vom Weizen zu trennen. Keine einfache Aufgabe.
- Nun gibt es für
die Wissenschaftsredakteure verbindliche Redaktionsgrundsätze,
die streng geheim gehalten werden, aber die so verbindlich sind, daß
Redakteure, die dagegen verstoßen, wie schon so oft
tatsächlich geschehen, fristlos entlassen werden.
- Die Redakteure müssen
also äußerst vorsichtig sein, die Gutachter, meist völlig
inkompetent und arrogant (ich verdiente auch in früheren Jahren
meine Moneten damit), bleiben anonym. Die Urheberrechte des Autors
sind, wie viele erkennen mußten, auf diese Weise nie
gesichert.
- Das System führte
unter anderem dazu, daß selbst zum 100. Geburtstag von Albert
Einstein seine sämtlichen Publikationen nicht erscheinen
durften.
- Ein ganz konkretes
Beispiel, von denen es hunderte gibt:
-
Als Herr Heisenberg 1973
von meiner Ableitung erfuhr, die ich auf dem
- 5. Kybernetikkongreß in Nürnberg
- vorgetragen hatte,
ersuchte er den Vorstand meiner Firma, meine diesbezüglichen
Arbeiten zu unterbinden. Seit dieser Zeit dürfen meine
diesbezüglichen Aufsätze nicht mehr in den der DPG
unterstellten Fachorganen publiziert werden. So geht es Vielen. So
sieht die Wahrhaftigkeit, Freiheit und Würde in der
Wissenschaft aus!
- Nachweise von
Trugschlüssen und Rechenfehlern in den Theorien von Etablierten
dürfen nach geheimgehaltenen Redaktionsgrundsätzen nicht
in der von der DPG kontrollierten Fachpresse publiziert werden.
Dieses ist ein äußerst bedenklicher und gefährlicher
Zustand, in dem sich die mit öffentlichen Mitteln geförderte
Forschung befindet.
- Um diesen Zustand
abzuändern, stellten Mitglieder der DPG 1976 einen in den
Physikalischen Blättern veröffentlichten Antrag mit dem
Titel:
- Antrag an die
Hauptversammlung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft 1976:
Publikationsmöglichkeiten für DPG-Mitglieder
- Über diesen
Antrag und weitere ähnliche Anträge in den folgenden
Jahren durfte auf den Hauptversammlungen weder diskutiert noch
abgestimmt werden.
- Auch der Antrag, in
die Satzungen der DPG folgenden Artikel aufzunehmen: Die
Mitglieder der DPG verpflichten sich und ihren Vorstand, für
Wahrhaftigkeit, Freiheit und Würde in der Wissenschaft
einzutreten durfte nicht diskutiert werden.
- Das natürliche
Ausleseprinzip durch experimentelle Widerlegung von Trugschlüssen
in der Theorie wird durch die Organisation ausgeschaltet. Übrig
bleibt das Ausleseprinzip des Prestigekampfes.
- Ethik in der
Wissenschaft ist notwendig! Aber der Einsatz für die Ethik darf
nicht existenzgefährdend sein und verketzert werden.
- Max v. Laue sagte
1942: Eine nicht kausale Physik, ich meine eine, die
grundsätzlich auf die Kausalität verzichtet, ist überhaupt
keine Wissenschaft. Das ist meine heilige Überzeugung, und mag
man mich auch tausendfach als Ketzer verschreien. Darin fühle
ich mich einig mit Planck und Einstein.
- Um sich für die
Verantwortung in der Wissenschaft einzusetzen, sollte kein Heldentum
erforderlich sein.
- Als Galilei vor den
Folterinstrumenten kapitulierte, rief Andrea: Unglücklich das
Land, das keine Helden hat! Darauf Galilei: Nein, unglücklich
das Land, das Helden nötig hat: (Bert Brecht, Das Leben des
Galilei, physikalische Beratung von Otto Hahn)
- Bevor die Erde mit
fehlgeleiteten Forschungsprojekten ruiniert wird, sollten wir
handeln!
Literatur:
- BARTH, G. (1987):
Wurde die Welt betrogen? aus raum & zeit
28/87, S. 64 - 68
- BROAD, W. / WADE, N.
(1984): Betrug und Täuschung in der Wissenschaft,
Verlag Birkhäuser, Basel, Boston, Stuttgart. Titel der
Originalausgabe: Betrayers of the Truth - Fraud and Deceit in
the Halls of Science". Verlag Simon and Schuster, New York,
1982
- ESSEN, L. (1988):
RELATIVITY, joke or swindle? aus Electronics &
Wireless World Febr. 1988, p. 126 - 127
- FÖLSING, A.
(1984): Der Mogelfaktor - Die Wissenschaftler und die
Wahrheit, Verlag Rasch und Röhring, Hamburg
- KUHN, Th. S. (1973):
Die Struktur wissenschaftlicher Revolutionen, Verlag
Suhrkamp, Frankfurt (amerikanische Erstauflage 1963)
- SIMON, D. und andere
(1998): Lug und Trug in den Wissenschaften, in:
GEGENWORTE, Zeitschrift für den Disput über Wissen, Heft 2
(1998), herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der
Wissenschaften, Berlin
- THEIMER, W. (1985):
Was ist Wissenschaft, Verlag Francke, Tübingen
- TROCCHIO, F. (1994):
Der große Schwindel - Betrug und Fälschung in der
Wissenschaft, Campus-Verlag, Frankfurt/M.
- WEBER, R. L. /
MENDOZA, E. (1984): Kabinett physikalischer Raritäten,
3. Auflg., hrsg. von SEXL, R. U., Verlag Friedr. Vieweg, Wiesbaden,
Bd. 1 der Reihe: Facetten der Physik, vor allem
die Beiträge: Trugschlüsse und ihre Anwendungen
und Wie theoretische Physiker arbeiten.